Frisch aus USA eingeflogen, gerade auf dem Weg von Frankfurt nach Bielefeld, und dann ab unter die Erde. Was werden die Jungs und Mädels von East Cameron FolkCore von diesen Deutschen denken, die ihre Konzerte in einen Bunker verlegen? Wo ist eigentlich East Cameron? Und überhaupt: Werden mir die Fragen ausgehen?
Solche und ähnliche Fetzen kreisen durch meine Birne, als ich mich in meinem Schwedenschluffen auf den Weg mache. Natürlich schlägt kurz vor erreichen das typisch deutsche Herbstwetter durch und besprenkelt alles mit mit kleinen Wassertropfen.
Für die Jungs und Mädels von East Cameron Folkcore von East Cameron FolkCore ein Wetter, wie in ihrem heimatlichen Winter. Winter? Ja, richtig gelesen. Alle 11 hängen in Texas ab. Das nennt man dann wohl nicht Kultur- sondern Klimaschock. Bei gut 30 Grad einsteigen, um bei gerade einmal 18 Grad hier aus dem Flieger zu steigen. Hoffentlich hat der Kapitän schon im Flug runter gekühlt.
Wahrscheinlich sind deshalb nur neun der elf Mitglieder überhaupt erst hier angekommen. Nein, versichert man, natürlich hatten die Fehlenden andere Verpflichtungen. Was die restlichen Musiker nicht abhält, schon mal froh gelaunt vorm Bunker Ulmenwall die eine oder andere Zigarette zu vernichten, während im Bunker einige noch an den Feinheiten basteln.
Hier starten schon die ersten lockeren Gespräche, noch bevor das Aufnahmegerät und der Notizzettel überhaupt im Anschlag sind. Fürs nächste mal vielleicht doch im heimlichen NSA Outfit auf Daueraufnahme schalten, um die schönsten Smalltalks nicht der maroden Birne überlassen zu müssen.
BTW: Ich liebe den Bunker. Hier habe ich geniale Konzert von Embryo über Tucker Zimmermann bis Nachtschicht erleben dürfen. Wohl kaum ein zweiter Club in Deutschland kann so eine Räumlichkeit vorweisen, in der quasi unumgänglich ist, was in den nächsten gut zwei Stunden hier passieren wird. Sofort ist klar: hier geht’s familiär zu.
Doch zuvor setzte ich mich mit Blue Mongeon (Harmonica, and Vocals) und Jesse Moore (Guitar, Vocal) dorthin, wo ich bei Interviews am liebsten sitze. Backstage, direkt neben das opulent gedeckte Büfett. Obwohl wir eigentlich nur zu dritt sein sollten, quetschen sich so nach und nach fast alle in die hintere Sitzecke. (Interview →)
Pünktlich um 20:30 Uhr ist es dann auch so weit. Das Vorprogramm startet. Und was für eines: Max Paul Maria! Während des gesamten Interviews hatte ich ihn schon im Ohr. Seine Aufwärmphase lief im Hintergrund und lies aufhorchen. (Max Paul Maria →)
Um 21:00 Uhr versammeln sich die auf der ‚Bühne‘, wegen denen wir kamen. ‚Bühne‘ ist niedlich, denn eigentlich stehen sie mitten zwischen uns. Aufgestellt ein einem Kreis wirkt alles so, als hätten uns East Cameron Folkcore in ihren Proberaum gelassen. Eine intimere Stimmung bei einem Konzert ist wohl nur selten zu bekommen.
Sie legen los mit einem Paukenschlag: „Robin Hoods Rise“, um sich dann durch das aktuelle Album zu arbeiten. Ein Fest für Augen und Ohren. Denn der Sound ist klasse, die Musiker bodenständig und das Publikum auf Augenhöhe.
Nach gut eineinhalb Stunden, die wie im Flug vergangen sind, endet die Show. Und nur wenige Minuten danach stehen die Musiker am Merchandise-Stand, geben Autogramme, zeichnen CDs und LPs ab und scherzen mit den Besuchern. So muss ein Konzert sein.
Was für ein Abend!
Bunker Anhang:
Wie weit die Kulturgeschichte des Bunker Ulmenwall zurück reicht, und was für geniale Veranstaltungen hier sonst noch stattfanden, belegt beeindruckend das schwere „“These Walls Are Soaked with Music!“: Bunker Ulmenwall Bielefeld – Geschichten von ’56 bis morgen“.
Um so schlimmer, dass, wie immer in diesem Land, den Reichen das Geld geschenkt wird, um es unter anderem dem Bunker zu streichen. 25.000,-€ weniger für kommendes Jahr! Ein kurzer Blick auf die Bunker-Seite, eine Spende oder gar ein Besuch samt Bucherwerb können helfen, das auch in Zukunft solche Konzerte hier stattfinden können.
East Cameron Folkcore / Tourbesetzung, sind:
- Jesse Moore – Guitar, Vocal
- Blake Bernstein – Guitar, Vocal, Trombone
- Kristian Oubre – Guitar
- Eric Lopez – Bass
- Aaron Perez – Drums
- Phil Patterson – mandolin, and Vocals
- Denis O’Donnell – Banjo, and Vocals
- Blue Mongeon – Harmonica, and Vocals
- Mary Beth Widhalm – Cello
- Allen Dennard – Vocal
- April Perez – Vocals