Als seinerzeit das Debüt „Denké-Denké“ in meinem Player landete, kam die CD kaum noch dort raus. Und auch mit „Taboussize – Niger“ verhält es sich nun kaum anders. Denn, auch diesmal ist Yacouba Moumouni und seinen Mitmusikern ein großer Wurf gelungen.
Druckvoll, ideenreich und somit recht abwechslungsreich, kommt in den gut 50 Minuten keine Langeweile auf. Und wer im Hinterkopf hat, dass Yacouba Moumouni und seine Mamar Kassey in der Heimat Niger unter die Popstars fallen, der sollte die für uns damit verbundenen musikalischen Attribute sofort vergessen. Hier ist nichts für unsere Ohren ‚poppig‘. Eher aufregend und erfrischend würde ich den Sound nennen. Und auf jeden Fall mit einem riesigen Anteil an Tradition.
Bei dem Namen Mamar Kassey dachte ich recht europäisch und etwas tumb an eine Frau, was wohl eher auf ein Missverständnis beruhte. „Mamar“ hatte ich sofort mit unserer Mama assoziiert. Im echten Leben handelt es sich bei Mamar Kassey aber um den Namen eines Kriegers, der das Königreich Songhai, am Niger gelegen, seinerzeit vorantrieb. In seiner Blütezeit im 15. bis 16. Jahrhundert war Songhai eines der größten islamischen Königreiche.
Um sich für einen solchen Namen zu entscheiden muss vielleicht auch wieder ein Lebenslauf her, der aus unserer Sicht für mehr als ein leben reicht. Yacouba Moumouni wuchs als Sohn eines Schafhirten des Nomadenvolkes der Fulani auf. Als sein Vater starb war er 10 Jahre alt. Er machte sich auf den über 200 Kilometer langen weg nach Niamey, wo er schließlich eine Arbeit als Hausboy fand. Sein Glück war, das ihm Absatou Danté, die Tochter des Direktors vom Nationalen Ballet Nigers, Alhassane Danté, die Tür öffnete. Durch ihn bekam er nicht nur die Möglichkeit eine professionelle Ausbildung als Tänzer zu durchlaufen, sondern auch die Chance seiner Liebe zur Musik Ausdruck zu verleihen. So erlernte er das Spiel der Seyse, einer Flöte in der Tradition der Fulani.
In Kombination vom erlernten Tanz und seinem Gesang wuchs Yacouba Moumouni zu einem beeindruckenden Mitglied des National Ballet Nigers heran.
1993 war er als Flötist einer Theaterrevue unter dem Namen „Alice en Afrique“ in Westafrika und Europa unterwegs. Im Umfeld der Tour traf er auf Ali Farka Toure und dem Producer von World Circuit, Nick Gold. Gold lud ihn darauf ein auf Oumou Sangares Album „Worotan“ seine Seyse zu spielen.
Wieder zurück in Niger wusste Yacouba nun genau was er wollte. Er suchte sich drei Mitmusiker mit traditionellen Instrumenten, die -wie er- die traditionelle Musik über ihre formellen Grenzen hinaus entwickeln wollten. Ergänzte alles um Gitarre, Bass und Gesang, und arbeitet darauf gut eineinhalb Jahre am Repertoire und Bandgefüge von Mamar Kassey.
Schließlich folgte der erste große Auftritt im Rahmen des „Nuit Atypiques de Koudougou“-Festivals 1997 in Burkina. Dadurch wurde Patrick Lavaud auf Mamar Kassey aufmerksam, der für das französische Gegenstück „Nuits Atypiques de Langon“verantwortlich zeichnete. 1998 legte die Band dort ein so beeindruckendes Konzert hin, dass kurz darauf die Arbeiten am ersten Album, „Denké-Denké“, begannen, was schließlich auf Langon’s Label Daqui erschien.
Mit „Taboussize – Niger“ liegt nun das dritte Album vor, auf dem das Sextett gewohnt locker die Stile der Songhai-Tradition aufleben lässt. So entsteht eine Mixtur aus Fulani, Songhai, Zema und Hausa, gepaart mit Elementen aus Rock und Pop.
Neue Gäste bereichern zudem den Sound der Band um Monsieur Moumouni, wie etwa die Grand Dame der nigerischen Musik, Fati Mariko. Oder auch die junge vielversprechenden Stimme von Safiath, der Godjé Spieler Harouna neben dem weiteren Flötisten Jean-Luc Thomas. Letzterer arbeitet seit Jahren mit Moumouni am Projekt Serendou.