Genesis – „Archive 1967-75“
Es gibt Musik, wie die der Gruppe GENESIS, die eigentlich jedem Musikfreund ein Begriff sein sollte. Und doch gibt es reichlich Menschen, die bedauernswerter weise nur das neue Material von GENESIS kennen. Dabei gibt es hier Schätze zu bergen wie bei kaum einer anderen Band dieses Planeten.
Genau deshalb wohl haben sich EMI/Virgin etwas einfallen lassen, das jedem Bootlegsammler den Atme gefrieren lässt. Denn: Jetzt weiß der Sammler endlich, warum die Firmen so vehement gegen die Bootlegs vorgingen: sie wollten sie selbst auf den Markt schmeißen 😉 .
Fairerweise muss ich allerdings gleich zu Beginn zugeben, das mit Genesis – „Archive 1967-75“ um Längen bessere Aufnahmen an den Start kommen, als vergleichbare Bootlegs jener Zeit sie je boten.
Untergebracht sind die vier CDs in einer hochformatigen Box, der ein Buch gleichen Formats beiliegt. Sowohl das Buch wie auch die Box sind erstklassig gestaltet, auch wenn manchmal die Pferde mit den Grafikern durchgingen. Denn auch hier nähert man sich im Scrabbook-Stil den Bootlegentwürfen.
Ganz klares Manko dieser Verpackung ist die CD-Unterbringung. Die Plastikklemmen eines normalen Trays nutzen sich einfach zu schnell ab, so dass den CDs schon nach kurzer Zeit fehlender Halt droht. Projekte dieser Art sollten zukünftig besser auf andere Verfahren zurückgreifen, wie sie beispielsweise von MERCURY für die Hank Williams-Box eingesetzt wurden (CD-Schlitze im Hartkarton).
Von „genesis to revelation“ übers „Twilight Alehouse“ zu
„The Lamb Lies Down On Broadway“
Eigenwillig ist die im Buch vermerkte Einordnung der Platten, die in umgekehrter Reihenfolge verläuft. Warum? Da ich mich dieser Einordnung nicht anschließen möchte beginne ich also mit Scheibe No. 4, sprich mit den Anfängen. Mit Songs wie In the Wilderness; Dusk; Sea Bee oder She is beautiful geht es zurück in die Jahre 67/68. Der überwiegende Teil der 20 Titel besteht aus Demo-Versionen, ein kleiner Teil aus Live- und Radiomitschnitten. Legt man die Qualität der from genesis to revelation-Aufnahmen zu Grunde, so kann die vorliegende Kopplung bestens mithalten.
Scheibe No. 3 macht gleich einen Riesenschritt, indem sie fast fünf Jahre überspringt. Songs aus `71 wie Stagnation oder das phantastische „Twilight Alehouse“ aus `72 sind in der Minderzahl. Die meisten Aufnahmen stammen aus dem Jahr `73, wie etwa Dancing with the moonlit knight; Firth of Fifth; Suppers Ready; I know what i like und natürlich Watcher of the Sky. Insgesamt buhlen 9 Songs um die Gunst des Hörers, die allesamt eine gute Alternative zum bisherigen Live-Album aus der Zeit darstellen. Ein Genuss.
Die Krönung stellen allerdings die beiden ersten Silberlinge dieses Box-Sets dar. Auf ihnen befindet sich das komplette Monsterwerk „The Lamb lies down on the Broadway„. Alle Titel sind in einer unglaublichen Qualität aufgezeichnet, was übrigens schon für CD No.3 gilt. Am meisten beeindrucken die trockenen, präzisen Bässe, die selbst durch eine Neueinspielung nicht übertroffen würden. Es ist müßig, sich über diese beiden Platten auszulassen, da man die Wucht des Hörerlebnisses nicht in Worte packen kann. Viele Stücke sind für mein Empfinden hier noch dynamischer, noch komplexer als auf dem Studioalbum. Wie gerne hätte ich die Bilder dazu, um die Reaktionen des Publikums besser nachvollziehen zu können. Ganz gleich also welchen Titel ich hier auswählen würde, ob Fly on the Windshield; In the Cage oder The Lamia, jeder Titel steht nur als Teil eines Gesamtkunstwerkes.
„Archive 1967-75“
– Das Buch –
Kult in Text & Ton
Das beiliegende Buch bringt die Zeit noch einmal in die Erinnerung zurück, beschreibt die Anfänge und Schwierigkeiten aber auch die Highlights.
Neben einer Einleitung inklusive technischer Tipps zur Entstehungsgeschichte der Takes von Tony Banks, sind es Manager, Promoter, und Freunde die zu Wort kommen. Die Seiten sind zudem gespickt mit Fotos, Eintrittskarten und Pressemeldungen, denen man ihre Geschichte ansieht. Es macht Spaß in diesem Sammelsurium zu blättern.
Für mich ist Genesis „Archive 1967-75“ ein unglaublicher Glücksfall, und das Vergnügen meine Lieblingsband fast vollständig neu zu entdecken.