Es sind Instrumente voller Magie, die als Klavierersatz daherkamen um schließlich als kunstvolle Solisten ihrer Art zu enden. Abstammend von der einfachen Zeihharmonika vertreibt man es heute unter der Bezeichnung Akkordeon, während es in der Umgangssprache als Quetschkommode oder Schweineorgel seine Kreise zieht. Dabei kenne ich kaum ein anderes Instrument, das so vielseitig zum Einsatz kommt, mit dem sich so beeindruckend Gefühle wie Freude, Kraft aber auch Trauer und Leid wieder aufleben lassen. Ein Grund liegt sicherlich in der Möglichkeit zugleich eine Melodie mit Harmonien und Rhythmen zu paaren.
Im Mai 1829 erblickte es das Licht der Öffentlichkeit indem sein Entwickler, der Klavier- und Orgelbauer Zyrill Demian, es in Wien unter der Bezeichnung Akkordeon patentieren ließ. Gerade einmal 20 Jahre dauerte die Eroberung Europas. Überall schossen die Betriebe aus dem Boden, wie etwa im sächsischen Klingenthal, und die Verkaufszahlen erreichten mehrere Zehntausend Exemplare pro Jahr.
Was beim kleinen Mann begann, anfangs oft als Spielzeug abgetan, trat einen unglaublichen Siegeszug rund um die Welt an. Hauptabnehmer stellte die große Gruppe von Emigranten dar, die Europa in alle Richtungen, vor allem aber in Richtung Amerika, verließen. Schnell packte der Virus nahezu alle Bevölkerungsgruppen, wie etwa die dort lebenden französisch sprechenden Schwarzen, die das Akkordeon in einen Sound einwoben der als Zydeco bekannt ist.
Die Ironie der Geschichte will es so, dass zwei entscheidende Impulse für den weiteren Werdegang des Akkordeons aus Deutschland kamen, die nicht widersprüchlicher sein könnten. Zum einen ist es die Idee der Firma HOHNER aus Trossingen, dem Akkordeon die Tür hinein in den Markt der E-Musik zu öffnen, in dem sie gegen Ende der 20er Jahre die Gründung eines „Akkordeon Orchesters“ unterstützt. Der Erfolg gibt den Initiatoren recht, und ein neuer Markt ist erschlossen. Einige Jahre später sind es die Nazis, die genau hierin einen Schlag gegen die deutsche Kultur wittern, wenn große Werke mittels der Schweineorgel interpretiert werden.
Sie bezeichneten es als „Nigger Jazz Instrument„. Heute kann ein schubladenhaftes Zuordnen gar nicht mehr durchgeführt werden, da kaum eine Musikrichtung ohne Akkordeonklänge daherkommt. Selbst in den folklastigen Bereichen des Polkas oder Tangos haben enorme Entwicklungen stattgefunden, die auch die Erscheinungsform des Akkordeons beeinflusst haben. Daneben eroberte es die Pop- und Rockmusik.
Wie weit diese Entwicklung fortgeschritten ist belegt dieses 3-CD-Set. Auf 96 Seiten werden weitere Musikrichtungen aufgeführt, sowie alle Musiker und Musikerinnen vorgestellt. Ein bisher einmaliges Projekt in dieser Größenordnung.